Die Funktionale Sicherheit ist ein wesentliches Element in der Entwicklung und im Betrieb sicherheitskritischer Systeme. Sie befasst sich mit der Fähigkeit technischer Systeme, im Fehlerfall einen definierten sicheren Zustand zu erreichen oder beizubehalten, um Risiken für Mensch und Umwelt zu minimieren. Dabei ist die internationale Norm IEC 61508 die grundlegende Richtlinie, die sicherstellt, dass sicherheitsrelevante Aspekte während des gesamten Lebenszyklus eines Systems berücksichtigt werden. In diesem Beitrag werden die Grundlagen der funktionalen Sicherheit, der Sicherheitslebenszyklus, die Bedeutung des Sicherheits-Integritätslevels (SIL) und weitere zentrale Konzepte praxisnah erläutert.
Funktionale Sicherheit ist die Eigenschaft eines Systems, Risiken durch technische Fehlfunktionen zu reduzieren. Sie sorgt dafür, dass sicherheitsrelevante Funktionen eines Systems fehlerfrei arbeiten oder im Fehlerfall in einen sicheren Zustand wechseln. Dies ist insbesondere in Industriebereichen, wie der Chemie, Automobilindustrie oder Energieversorgung, von zentraler Bedeutung, da dort Fehler fatale Folgen haben können. Durch die Anwendung der Norm IEC 61508 wird die Entwicklung, der Betrieb und die Wartung solcher Systeme standardisiert, um die Sicherheit zu maximieren.
Der Sicherheitslebenszyklus beschreibt die verschiedenen Phasen, die ein sicherheitskritisches System durchläuft – von der ersten Planung bis zur endgültigen Stilllegung. Jede Phase spielt eine wichtige Rolle, um die Sicherheit des Systems sicherzustellen:
1. Konzeptphase: In dieser Phase werden die Anforderungen an das System festgelegt. Die Frage ist, welche Sicherheitsfunktionen das System übernehmen muss, um die definierten Risiken zu beherrschen.
2. Risikobewertung: Es werden potenzielle Gefahren identifiziert, analysiert und bewertet. Hierfür kommen Methoden wie die Failure Modes and Effects Analysis (FMEA) oder die Fault Tree Analysis (FTA) zum Einsatz, die eine systematische Untersuchung auf Schwachstellen ermöglichen.
3. Entwicklung und Implementierung: In dieser Phase werden die sicherheitsrelevanten Funktionen des Systems entwickelt und in die Hardware und Software integriert. Die Anforderungen an die einzelnen Komponenten werden unter Berücksichtigung des Sicherheits-Integritätslevels (SIL) definiert.
4. Validierung und Inbetriebnahme: Nachdem das System entwickelt wurde, muss es umfangreich getestet und validiert werden, um sicherzustellen, dass alle Sicherheitsfunktionen den Anforderungen entsprechen.
5. Instandhaltung: Auch während des Betriebs ist die Überwachung und regelmäßige Prüfung des Systems erforderlich, um mögliche Alterungseffekte oder Verschleißerscheinungen zu erkennen.
Ein umfassendes Functional Safety Management (FSM) ist erforderlich, um die Einhaltung des gesamten Sicherheitslebenszyklus sicherzustellen. Es umfasst die Planung, Durchführung und Dokumentation aller sicherheitsrelevanten Aktivitäten.
Der Sicherheits-Integritätslevel (SIL) beschreibt, wie effektiv ein sicherheitsbezogenes System potenzielle Risiken reduzieren muss. Die Bestimmung des SIL erfolgt auf Basis einer Risikobewertung, die die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Fehlers sowie dessen mögliche Folgen analysiert. Je höher der SIL-Level, desto strenger sind die Anforderungen an Diagnosemaßnahmen, Redundanzen und die Zuverlässigkeit der sicherheitsrelevanten Komponenten. Die vier SIL-Stufen (SIL 1 bis SIL 4) unterscheiden sich in der Höhe des Risikos und der Komplexität der notwendigen Maßnahmen zur Risikominderung. Ein höherer SIL-Level bedeutet umfassendere Sicherheitsmaßnahmen und höhere Redundanzanforderungen.
Die Risikobewertung ist ein wesentlicher Schritt, um sicherzustellen, dass ein System sicher arbeitet. Es geht darum, potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und geeignete Sicherheitsfunktionen zu definieren. Methoden wie die FMEA (Failure Modes and Effects Analysis) und die FTA (Fault Tree Analysis) sind dabei unverzichtbare Werkzeuge:
Die IEC 61508 legt spezifische Anforderungen zur Vermeidung von Hardwareausfällen fest. Zu den wichtigsten Konzepten zählen:
Die Hardware muss so gestaltet sein, dass sowohl zufällige als auch systematische Fehler minimiert werden. Redundante Schutzsysteme und Diagnosen helfen dabei, das Gesamtrisiko weiter zu senken.
Neben der Hardware spielt auch die Software eine zentrale Rolle für die funktionale Sicherheit. Die Entwicklung sicherheitskritischer Software erfolgt in mehreren Schritten, die alle darauf abzielen, potenzielle Fehlerquellen zu minimieren:
1. Planung und Spezifizierung: In dieser Phase werden die Anforderungen an die Softwarearchitektur und die sicherheitsrelevanten Funktionen definiert.
2. Entwicklung: Die eigentliche Entwicklung der Software erfolgt nach festgelegten Codestandards und unter Anwendung geeigneter Designrichtlinien. Das Ziel ist es, eine saubere und nachvollziehbare Softwarearchitektur zu schaffen.
3. Verifikation und Validierung: Regelmäßige Tests wie Unit-Tests, Integrationstests und End-to-End-Tests sind erforderlich, um sicherzustellen, dass die Software den festgelegten Sicherheitsanforderungen entspricht. Zusätzlich werden Code-Reviews durchgeführt, um Schwachstellen und Fehlerquellen frühzeitig zu erkennen und zu beheben.
Die Kombination aus Hardware- und Softwaremaßnahmen trägt entscheidend zur funktionalen Sicherheit bei, indem das Gesamtsystem in allen Betriebsphasen sicher bleibt.
Diagnosemaßnahmen wie Selbsttests, Fehlertoleranzmechanismen und Redundanzen sind wesentliche Bestandteile der funktionalen Sicherheit. Durch Selbsttests können sicherheitskritische Komponenten kontinuierlich überwacht und Fehlfunktionen sofort erkannt werden. Watchdogs und automatisierte Tests sind Beispiele für Diagnoseinstrumente, die sicherstellen, dass das System zuverlässig und sicher arbeitet. Darüber hinaus tragen Maßnahmen zur Fehlertoleranz dazu bei, dass bestimmte Fehler im laufenden Betrieb kompensiert werden können, ohne dass die Sicherheitsfunktion beeinträchtigt wird.
Die Redundanz erhöht die Ausfallsicherheit eines Systems, indem kritische Komponenten mehrfach vorhanden sind. Bei einem Komponentenausfall übernimmt die redundante Komponente die Funktion der ausgefallenen Einheit. Dies stellt sicher, dass das System weiterhin sicher arbeitet. Fehlertoleranz beschreibt die Fähigkeit eines Systems, bestimmte Fehler zu erkennen und zu beheben, ohne die Funktionalität einzuschränken. Beide Konzepte sind für die Einhaltung hoher Sicherheitsstandards und die Reduzierung von Risiken von zentraler Bedeutung.
Die Zuverlässigkeit sicherheitskritischer Systeme hängt von einer Kombination aus präventiven und korrektiven Maßnahmen ab:
Verschiedene Sicherheitsarchitekturen kommen in der Praxis zum Einsatz, um ein hohes Maß an funktionaler Sicherheit zu erreichen. Das Konzept der Redundanz wird oft mit verschiedenen Diagnosemaßnahmen kombiniert, um die Zuverlässigkeit sicherheitskritischer Systeme weiter zu erhöhen. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung von dualen Prozessoren, die parallel arbeiten und sich gegenseitig überwachen. Tritt ein Fehler auf, kann der redundante Prozessor den Betrieb ohne Unterbrechung fortführen.
Die Funktionale Sicherheit stellt sicher, dass sicherheitskritische Systeme zuverlässig und sicher arbeiten – selbst im Falle eines Fehlers. Durch die Anwendung der Norm IEC 61508, die Einhaltung des Sicherheitslebenszyklus, die Definition des Sicherheits-Integritätslevels (SIL) sowie die Kombination aus präventiven und korrektiven Maßnahmen kann die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Systemen gewährleistet werden. Für Unternehmen und Entwickler ist es essenziell, die notwendigen Fachkenntnisse in der funktionalen Sicherheit zu erwerben und auf dem neuesten Stand zu halten, um Risiken systematisch zu minimieren und eine hohe Sicherheitsqualität zu erreichen. Anforderungen der wichtigsten Norm für Funktionale Sicherheit einfach umsetzen im Seminar: Funktionale Sicherheit nach IEC 61508 in der Praxis! Jetzt bequem und einfach in der Online-Schulung bewährte Risikobewertung erarbeiten und die Zuverlässigkeit sicherheitskritischer Systeme in Ihrem Unternehmen nachhaltig gewährleisten!