Elektrotechnische Grundlagen und Sicherheit: Alles, was Sie über Spannungen, Schaltungen und Schutzmaßnahmen wissen müssen

Die Elektrotechnik bildet das Rückgrat unserer modernen technischen Welt. Ob in Industrieanlagen, Wohnhäusern oder in der öffentlichen Infrastruktur – überall spielen elektrische Systeme (Anlagen) eine zentrale Rolle. Um eine sichere und effiziente Nutzung der Elektrotechnik zu gewährleisten, ist es entscheidend, fundiertes Wissen über elektrische Größen, Wirkung der Elektrizität, Grundschaltungen, Schutzmaßnahmen und die relevanten Normen und Vorschriften zu besitzen. Dieser Beitrag bietet einen umfassenden Überblick über die Grundlagen der Elektrotechnik, die wichtigsten Schutzmaßnahmen und die Anforderungen an die elektrotechnische Sicherheit.

1. Die wichtigsten elektrischen Größen

In der Elektrotechnik sind einige grundlegende elektrische Größen essenziell, um die Funktionsweise von Systemen zu verstehen:

  • Spannung (U): Sie misst die Energie pro Ladungseinheit, wird in Volt (V) angegeben und ist die treibende Kraft für den Stromfluss.
  • Stromstärke (I): Sie gibt die Menge der pro Sekunde fließenden Ladungsträger an und wird in Ampere (A) gemessen. Ohne Stromfluss keine Energieübertragung!
  • Widerstand (R):Der elektrische Widerstand gibt an, wie stark ein Material den Stromfluss hemmt, gemessen in Ohm (Ω). Ein hoher Widerstand bremst den Strom, ein niedriger erleichtert ihn.
  • Leistung (P): Die elektrische Leistung beschreibt, wie viel Energie pro Zeiteinheit umgesetzt wird und ist das Produkt aus Spannung und Strom mit der Einheit Watt (W).

Diese elektrischen Größen sind nicht nur elementar, um die Funktionsweise elektrischer Systeme zu verstehen, sondern auch für die Fehlersuche und Instandhaltung.

2. Grundschaltungen: Reihenschaltung, Parallelschaltung und gemischte Schaltungen

Die Grundschaltungen in der Elektrotechnik bestehen aus Reihenschaltungen und Parallelschaltungen:

  • Reihenschaltung: In einer Reihenschaltung sind alle Bauteile hintereinander geschaltet und werden vom selben Strom durchflossen (wodurch der gesamte Strom durch jedes Bauteil fließt). Durch eine Unterbrechung im Stromkreis wird kein Bauteil mehr mit Strom versorgt und verliert seine Funktion. (Ein wesentlicher Nachteil ist, dass ein Fehler in einem Bauteil die gesamte Schaltung unterbricht.)
  • Parallelschaltung: In einer Parallelschaltung liegen alle Bauteile an derselben Spannung und der Stromfluss verzweigt zu den parallelen Bauteilen (bzw. sind die Bauteile so verbunden, dass der Strom mehrere Pfade nehmen kann). Bei Ausfall eines Bauteils werden alle anderen weiter mit Strom versorgt und behalten ihre Funktion. (Der Strom teilt sich dabei auf die verschiedenen Verbraucher auf. Dies bietet den Vorteil, dass der Ausfall eines Bauteils die Funktion der anderen Bauteile nicht beeinträchtigt.)
  • Gemischte Schaltung: Diese ist eine Kombination von Reihenschaltung und Parallelschaltung

Diese Grundschaltungen bilden die Basis für alle komplexeren elektrischen Systeme und helfen beim Verständnis, wie Stromflüsse und Spannungsverteilungen in einem Netzsystem funktionieren.

3. Aufbau und Netzsysteme von elektrischen Anlagen

Elektrische Anlagen bestehen aus zahlreichen Komponenten, darunter Schalter, Sicherungen, Leitungen, Verteilungen und Verbraucher (wie Lampen oder Motoren). Diese Elemente sind in Netzsystemen organisiert, die unterschiedliche Erdungsarten und Strukturen definieren:

  • TN-Systeme (TN-C, TN-S, TN-C-S): Im TN-System ist ein Punkt direkt geerdet (Betriebserder -z.B. Sternpunkt vom Versorger). Beim TN-C-Netz wird der Neutralleiter und der Schutzleiter kombiniert im PEN-Leiter ausgeführt (C-combined). Beim TN-S-Netz ist der PEN-Leiter aufgeteilt in einen Neutralleiter und einen Schutzleiter (S-separated). Üblich ist heute vom Versorger bis zum Hausanschlusskasten (HAK) das TN-C-Netz und ab HAK zu den Verbrauchern das TN-S-Netz.
  • TT-System: Bei diesem System ist ein Punkt direkt geerdet (Betriebserder – z.B. Sternpunkt von Versorger). Die Körper der elektrischen Anlage sind mit Erdern verbunden, die von dem Betriebserder getrennt sind.
  • IT-System: Hier gibt es keine direkte Verbindung zwischen aktiven Leitern und geerdeten Teilen, die Körper der Anlage sind geerdet. Beim Einsatz einer Isolationsüberwachung entspricht dieses System dem Schutzleitungssystem (alte Bezeichnung).

Die Wahl des richtigen Netzsystems hängt von den jeweiligen Anforderungen und den örtlichen Gegebenheiten ab. Jede Anlage muss so konzipiert sein, dass sie eine sichere und zuverlässige Stromversorgung und Abschaltung im Fehlerfall gewährleistet.

4. Fehlerarten in elektrischen Anlagen

Fehlerarten in elektrischen Anlagen treten häufig auf und können zu schweren Schäden führen. Die häufigsten Fehlerarten sind:

  • Kurzschluss: Ein Kurzschluss tritt auf, wenn der elektrische Widerstand zwischen zwei leitenden Punkten sehr gering oder nicht vorhanden ist. Dadurch fließt ein sehr hoher Strom, der zu Überhitzung und Schäden führen kann.
  • Erdschluss: Dieser Fehler tritt auf, wenn ein Leiter direkten Kontakt zur Erde hat. Dadurch können hohe Fehlerströme entstehen, die eine Gefahr darstellen.
  • Überlast: Eine Überlast tritt auf, wenn durch einen Leiter mehr Strom fließt, als dieser sicher führen kann. Dies führt zur Überhitzung und kann Brände verursachen.
  • Isolationsfehler: Diese Fehler entstehen durch eine beschädigte Isolierung der Leitungen und können zu Kurzschlüssen oder Erdschlüssen führen.
  • Körperschluss: Ist eine durch einen Fehler entstandene leitende Verbindung zwischen Körper (Gehäuse) und aktiven Teilen elektrischer Bauelemente
  • Leiterschluss: Ist eine Verbindung zwischen aktiven Leitern, wenn im Fehlerstromkreis ein Nutzwiderstand liegt. Anders als beim Kurzschluss wird hier der Fehlerstrom wird durch Nutzwiderstand begrenzt.

Eine regelmäßige Prüfung und Wartung der Anlagen helfen dabei, Fehler frühzeitig zu erkennen und zu beheben, bevor sie zu größeren Problemen führen.

5. Kapazitäten und Induktivitäten in elektrischen Schaltungen

Kapazitäten und Induktivitäten sind wesentliche Bestandteile elektrischer Schaltungen im Gleichstrom- und Wechselstromkreis. (Sie beeinflussen maßgeblich das Verhalten von Wechselstromkreisen):

  • Kondensatoren (Kapazitäten): SSie sperren nach dem Aufladen einen Gleichstromkreis und speichern elektrische Energie in einem elektrischen Feld. Im Wechselstromkreis setzt der Kondensator dem Stromfluss einen frequenzabhängigen Widerstand entgegen. Der Strom am Blindwiderstand (frequenzabhängig) des Kondensators eilt der Spannung voraus.

  • Spulen (Induktivitäten): Beim Einschalten eines Gleichstromes erzeugen Spulen eine Spannung, die den Stromfluss entgegenwirkt. Im stationären Zustand ist der Strom in der Spule konstant. Es findet keine Spannungsänderung mehr statt und die Spule verhält sich wie ein normaler Leiter. Im Wechselstromkreis setzt die Spule dem Stromfluss einen frequenzabhängigen Widerstand entgegen. In einer Spule eilt die Spannung dem Strom voraus. Im Magnetfeld einer Spule ist Energie gespeichert.

Beide Bauteile sind entscheidend, um das Verhalten von Schaltungen zu steuern und stabilisieren, insbesondere in komplexen Anwendungen wie Filterkreisen oder Motorsteuerungen.

6. Leitungsschutz: Schutz vor Überlast und Kurzschluss

Der Leitungsschutz ist eine der wichtigsten Schutzmaßnahmen in der Elektrotechnik. Zu den Leitungsschutzvorrichtungen zählen Sicherungen und Leitungsschutzschalter, die elektrische Leitungen vor Überstrom schützen. Überstrom kann durch Kurzschlüsse oder Überlast entstehen und zur Überhitzung der Leitungen führen, was das Risiko von Bränden erheblich erhöht.

  • Sicherungen: Diese Geräte schmelzen bei einem Überstrom durch und unterbrechen so den Stromkreis. Sie sind einfach, aber effektiv und schützen Leitungen zuverlässig vor Überlastung, sind allerdings nach dem Auslösen nicht mehr brauchbar.
  • Leitungsschutzschalter: Sie funktionieren wie Sicherungen, sind jedoch wiederverwendbar und schalten bei Überlast oder Kurzschluss automatisch ab. Dies ermöglicht eine schnelle Wiederherstellung des Stromkreises nach Beseitigung des Fehlers.

Der richtige Einsatz von Leitungsschutzvorrichtungen stellt sicher, dass elektrische Anlagen sicher betrieben werden können und schützt sowohl die Technik als auch die Personen, die damit arbeiten

7. Prinzipien der Spannungs-, Strom- und Widerstandsmessung

Das Verständnis der Messprinzipien ist unerlässlich für die Fehlerdiagnose und die Installation elektrischer Anlagen:

  • Spannungsmessung: Diese erfolgt parallel am Verbraucher, um die anliegenden Spannungswerte zu messen.
  • Strommessung: Diese erfolgt in Reihe mit dem Verbraucher, da der Strom durch das Messgerät fließen muss, um eine korrekte Messung zu gewährleisten.
  • Widerstandsmessung: Diese wird meist im spannungsfreien Zustand durchgeführt, um den Widerstand eines Bauteils oder einer Leitung zu bestimmen. Die gebräuchlichsten Messgeräte in der Elektrotechnik sind Multimeter, Spannungsprüfer und Strommesszangen. Ein korrektes Verständnis der Messprinzipien sorgt für eine genaue Diagnose und trägt zur Sicherheit beim Arbeiten an elektrischen Anlagen bei.

8. Gefahren des elektrischen Stroms

Der elektrische Strom kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit haben. Die wichtigsten Gefahren sind:

  • Elektrische Schläge: Diese entstehen, wenn eine Person in direkten Kontakt mit einer spannungsführenden Leitung kommt. Dies kann zu Herzstillstand oder schweren Muskelkrämpfen führen.
  • Verbrennungen: Bei hohen Strömen kann der Körper wie ein Leiter wirken, was zu Verbrennungen führt. Besonders bei Kurzschlüssen kann es zu Lichtbögen kommen, die Temperaturen von mehreren Tausend Grad Celsius erreichen.
  • Sekundärverletzungen: Ein Stromschlag kann unkontrollierte Bewegungen verursachen, was zu Stürzen oder anderen Verletzungen führen kann.

Um diese Gefahren zu vermeiden, ist es wichtig, die Risiken zu kennen und geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Der Schutz von Personen hat immer oberste Priorität.

9. Die fünf Sicherheitsregeln der Elektrotechnik

Um das Arbeiten an elektrischen Anlagen sicher zu gestalten, wurden die fünf Sicherheitsregeln der Elektrotechnik entwickelt:

1. Freischalten: Trennung der Anlage vom Stromnetz, um sicherzustellen, dass kein Strom fließt.
2. Gegen Wiedereinschalten sichern: Die Anlage muss so gesichert werden, dass kein Unbefugter sie versehentlich wieder einschalten kann.
3. Spannungsfreiheit feststellen: Vor Beginn der Arbeiten muss überprüft werden, ob tatsächlich keine Spannung anliegt.
4. Erden und Kurzschließen: Diese Maßnahme stellt sicher, dass eine Restspannung sicher abgeleitet wird.
5. Abdecken oder Abschranken benachbarter, unter Spannung stehender Teile: So werden versehentliche Berührungen verhindert.

Diese Sicherheitsregeln minimieren das Risiko von Unfällen und sind verpflichtend für jeden, der an elektrischen Anlagen arbeitet.

10. Wichtige Dokumente in der Elektrotechnik

In der Elektrotechnik spielen Dokumente eine zentrale Rolle für die Sicherheit und den Betrieb von Anlagen:

  • Gefährdungsbeurteilungen: Diese identifizieren mögliche Risiken und definieren Maßnahmen zur Minimierung dieser Risiken.
  • Prüfprotokolle: Sie dokumentieren die Ergebnisse von Messungen und Prüfungen und sind oft gesetzlich vorgeschrieben.
  • Arbeitsanweisungen und technische Zeichnungen: Diese stellen sicher, dass alle Arbeiten korrekt ausgeführt werden und bieten eine detaillierte Übersicht der Anlagen.

Die richtige Verwendung und Pflege dieser Dokumente tragen erheblich zur Sicherheit und zum reibungslosen Betrieb von elektrischen Anlagen bei.

Zusammenfassender Überblick zu Elektrotechnik und Sicherheit

Die Grundlagen der Elektrotechnik und die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen sind essenziell für den sicheren Betrieb elektrischer Anlagen. Ein fundiertes Wissen über elektrische Größen, Grundschaltungen, Fehlerarten und die relevanten Schutzmaßnahmen bildet die Grundlage für eine erfolgreiche und sichere Arbeit in diesem Bereich. Die Einhaltung der fünf Sicherheitsregeln und die korrekte Anwendung von Leitungsschutzvorrichtungen minimieren das Unfallrisiko erheblich und gewährleisten den Schutz von Personen und Anlagen gleichermaßen. Nur durch kontinuierliches Lernen und die konsequente Umsetzung von Schutzkonzepten lässt sich die Sicherheit in der Elektrotechnik gewährleisten – zum Wohl der Anwender und der eingesetzten Technik finden Sie in unserem Seminarportfolio folgende Seminare: Grundlagenschulung Elektrotechnik Modul 1 sowie Modul 2 – Elektrotechnische Sicherheit

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Grundlagen Elektrotechnik – Modul 1: Basiswissen

Grundlagen Elektrotechnik – Modul 2: Elektrotechnische Sicherheitn