Die elektrische Sicherheit von Geräten und Betriebsmitteln ist ein zentrales Thema für Produktentwickler, Konstrukteure und Qualitätsverantwortliche in der Elektro- und Automatisierungstechnik. Gerade im Zusammenspiel europäischer Richtlinien, technischer Normen und herstellerseitiger Pflichten ergeben sich komplexe Anforderungen, deren sichere Umsetzung entscheidend ist - sowohl für die Produktsicherheit als auch für die rechtliche Absicherung der Unternehmen.
Wer elektrische Geräte oder Betriebsmittel entwickelt, konstruiert oder in den Markt bringt, steht in der Verantwortung. Sicherheit, Konformität und dokumentierte Nachvollziehbarkeit sind dabei keine optionalen Ziele, sondern verbindliche Anforderungen. Zugleich wandeln sich Normen, Richtlinien und technische Grundlagen stetig. Fachkräfte in Entwicklung, Planung, Prüfung und Qualitätssicherung müssen deshalb nicht nur rechtliche Grundlagen kennen, sondern auch deren technische Umsetzung beherrschen.
Die Grundlage bildet der europäische Rechtsrahmen mit dem "Neuen Konzept" und dem "New Legislative Framework". Die Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU (LVD) definiert grundlegende Sicherheitsanforderungen für elektrische Betriebsmittel im Spannungsbereich zwischen 50 und 1.000 Volt Wechselspannung bzw. 75 und 1.500 Volt Gleichspannung. Ziel ist es, ein hohes Schutzniveau für Personen, Nutztiere und Sachgüter sicherzustellen.
Je nach Produktart kommen weitere Richtlinien hinzu:
Eine fundierte Kenntnis dieser Rechtsakte ermöglicht die korrekte Einordnung eines Produktes und die Festlegung der anzuwendenden Konformitätsverfahren. Sie ist auch Voraussetzung, um Haftungsrisiken zu vermeiden oder auf Marktanfragen sicher zu reagieren.
Die CE-Kennzeichnung ist das sichtbare Zeichen für die Einhaltung aller zutreffenden europäischen Anforderungen. Der Weg dorthin ist ein strukturierter Prozess. Er umfasst:
Wichtig ist, dass die CE-Kennzeichnung nicht als Formalität verstanden wird. Sie ist Ausdruck einer systematisch durchgeführten Gefährdungsbeurteilung und eines normenkonformen Designs. Die Verantwortung liegt beim Hersteller – bei Inverkehrbringung, Import oder wesentlicher Änderung gleichermaßen.
CE-Kennzeichnung vs. GS-Zeichen: Während die CE-Kennzeichnung gesetzlich verpflichtend ist und die Einhaltung europäischer Richtlinien bestätigt, handelt es sich beim GS-Zeichen (Geprüfte Sicherheit) um ein freiwilliges Prüfzeichen. Es wird von unabhängigen Prüfstellen vergeben und stellt eine zusätzliche Qualitätsaussage dar. Im Seminar wird beleuchtet, wann welches Zeichen sinnvoll eingesetzt werden kann und welche strategischen Überlegungen dabei eine Rolle spielen.
Technische Normen dienen der Konkretisierung der grundlegenden Anforderungen aus den Richtlinien. Wer eine harmonisierte Norm anwendet, profitiert von der sogenannten Konformitätsvermutung – das bedeutet: Es wird davon ausgegangen, dass die Anforderungen der Richtlinie erfüllt sind. Dies vereinfacht nicht nur den Nachweis, sondern bietet auch rechtliche Sicherheit.
Wichtige Normen im Bereich der elektrischen Sicherheit sind:
In der Praxis gilt es, den Geltungsbereich der jeweiligen Norm korrekt zu bestimmen. Denn eine fehlerhafte Zuordnung führt zu lückenhaften Schutzmaßnahmen. Neben der Auswahl ist auch die „Lesetechnik“ entscheidend: Sicherheitsnormen folgen einem eigenen logischen Aufbau mit Anforderungen, Prüfbedingungen und Definitionen – wer sie versteht, kann Anforderungen effizient und korrekt umsetzen.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf technischen Details wie:
Sicherheitsprüfungen sind integraler Bestandteil der Konformitätsbewertung. Sie prüfen, ob das Produkt unter realistischen Betriebsbedingungen sicher funktioniert. Diese Prüfungen müssen systematisch geplant, normgerecht durchgeführt und umfassend dokumentiert werden. Häufige Fehler entstehen dabei durch:
Zu den typischen Prüfparametern gehören:
Eine strukturierte Fehleranalyse zeigt: Viele Abweichungen lassen sich bereits im Design vermeiden – wenn technische Normen frühzeitig und umfassend berücksichtigt werden.
Hersteller tragen nicht nur die Verantwortung für Konstruktion und Prüfung, sondern auch für die Erstellung vollständiger und prüffähiger Dokumentationen. Diese müssen auf Verlangen der Marktaufsicht oder im Rahmen eines Haftungsfalls zur Verfügung gestellt werden.
Zur technischen Dokumentation zählen:
Die Unterlagen müssen über die gesamte Lebensdauer des Produkts verfügbar sein – mindestens jedoch zehn Jahre ab dem Inverkehrbringen. Besonders relevant sind dabei Nachvollziehbarkeit und Prüfbarkeit: Jeder einzelne Schritt des CE-Prozesses muss dokumentiert und technisch begründet sein.
Auch außerhalb von Entwicklung und Fertigung ist Wissen über elektrische Sicherheit von Bedeutung. Mitarbeitende in Planungsbüros benötigen Sicherheit bei der Ausschreibung und Bewertung technischer Lösungen. Das Qualitätsmanagement muss Anforderungen an Prüfungen und Unterlagen formulieren und bewerten können. Der Vertrieb wiederum profitiert von einer sicheren Argumentation bei Kundenanfragen zur Produktsicherheit.
Das Verständnis der gesetzlichen Anforderungen, der normativen Umsetzungen und der sicherheitstechnischen Prüfprozesse schafft eine einheitliche Grundlage für alle Schnittstellen im Unternehmen.
Ein erfolgreicher Umgang mit den Anforderungen an elektrische Sicherheit verlangt weit mehr als das Lesen von Richtlinientexten. Entscheidend ist der Transfer in die konkrete Produktentwicklung. Deshalb ist es sinnvoll, praxisnahe Trainings und Workshops zu nutzen, in denen Prüfverfahren mit realen Komponenten aufgebaut, typische Fehlerquellen analysiert und aktuelle Normen gemeinsam interpretiert werden. Wenn Sie diese Themen vertiefen und praxisnah anwenden möchten, empfehlen wir das zweimodulige Fachseminar "Elektrische Sicherheit von Geräten und Betriebsmitteln".
Modulares Seminar
Elektrische Sicherheit von Geräten und Betriebsmitteln
Ein erfahrener Trainer zeigt Ihnen praxisorientiert die grundsätzlichen Schritte auf dem Weg zur CE-Kennzeichnung. Anhand dieser Schritte besprechen Sie die wesentlichen Anforderungen, aktuellen und erweiterten Herstellerpflichten, Risiken die Konformitätsvermutung, um rechtzeitig angemessen reagieren zu können.